Mitarbeiter der DHU bei der Aussaat

Kulturen

Die Aussaat beginnt in Staffort im Februar/März, wenn die Frühlingssonne die Gewächshäuser schon ausreichend aufgeheizt hat und für gute Lichtverhältnisse sorgen kann. Unter diesen Bedingungen kann die Mehrzahl der Pflanzen angezogen werden.

Aussaat mit Fingerspitzengefühl

Bei einigen Pflanzenarten wie Fingerhut (Digitalis), Gänseblümchen (Bellis perennis) oder Löwenzahn (Taraxacum), die im darauffolgenden Frühjahr geerntet werden sollen, erfolgt die Aussaat auch erst im Juni/Juli. Zur Anzucht wird vorrangig eigenes Saatgut verwendet. Es wird durch Teilung oder Stecklinge vermehrt, da aus Qualitätsgründen nach Möglichkeit der Wildtyp kultiviert werden soll. Es werden weder Elitesaatgut noch Sorten eingesetzt.

Ernte nach 10 Uhr im Sonnenschein

Bei der Ernte muss darauf geachtet werden, dass den Pflanzen so wenig Wasser wie möglich anhaftet. Das heißt, weder Morgentau (Ernte nach 10 Uhr) noch Nässe durch Regen sind erwünscht. Nach den Herstellvorschriften des Homöopathischen Arzneibuches (HAB) müssen die Pflanzen abgetrocknet sein. Das hat auch den Vorteil, dass den trockenen Pflanzen bei der Ernte kaum Erde anhaftet. Eine weitere Methode, den Wasseranteil zu vermindern ist, die Pflanzen wie die Ringelblume (Calendula) einen bis einige Tage vor der Ernte nicht mehr zu bewässern, damit sie bei der Ernte nicht zu voll im Saft stehen. 

Feinblättrige Pflanzen, wie Eschscholzia californica (Kalifornischer Mohn), müssen bei der Ernte besonders vorsichtig behandelt werden. Sie können im Sommer innerhalb einer Stunde verderben. Der Erntezeitpunkt hängt u.a. von der Vegetationsphase und der Witterung ab.

Verwendet werden nach HAB entweder die ganze Pflanze oder Teile davon. Die Wurzeln werden mit möglichst wenig Wasser gewaschen. Die oberirdischen Teile werden mit Rebschere, Sichel oder Heckenschere abgeschnitten, Lavendel- und Kamillenblüten werden mit Blütenkämmen geerntet und Rinden werden geschält.

Kommt es in einem Jahr zu einer Missernte, wird bei zertifizierten Anbauern bestellt oder der Bedarf durch genehmigte und nachhaltige externe Sammlungen gedeckt. Ferner steht ein begrenzter Übervorrat an Urtinkturen bereit. In der Regel kann so eine Ausfallzeit überbrückt werden.

Mitarbeiter der DHU bei der Ernte in Terra Medica

Pflanzenteile wie Rinde können auch ganzjährig geerntet werden. Der Mondkalender wird bei der DHU nicht berücksichtigt.

Externe Sammlungen immer genehmigt

Ein Teil des Jahresbedarfs der DHU an Ausgangsmaterialien wird durch Wildsammlungen abgedeckt. Für die Wildsammlungen werden professionelle Sammler beauftragt. Die Sammelorte sind dem Unternehmen bekannt, können allerdings in Abhängigkeit von der Vegetationsperiode variieren. Wenn beispielsweise im Sommer die Blüte eines Frühjahrsblühers angefordert wird, müssen die Sammler zwangsläufig in höhere Regionen ausweichen. Selbstverständlich wird der Artenschutz beachtet, d. h. alle Sammlungen müssen im Vorfeld durch die zuständigen Naturschutzbehörden genehmigt werden. Hierzu steht die DHU auch im engen Kontakt mit dem Bundesamt für Naturschutz. 

Um die für die Therapierichtung wichtige Vielfalt an homöopathischen Arzneimitteln sicherstellen zu können, sind nachhaltige Wildsammlungen auch zukünftig unverzichtbar. In der Regel handelt es sich ferner um geringe Mengen. 

Fruchtwechsel durch Vielfalt

Die Arzneipflanzen werden nach der Anzucht in den Gewächshäusern in die Freilandflächen gepflanzt. Dabei wird auf Fruchtwechsel geachtet. Durch die Vielzahl der Arten in den Kulturen ergibt sich ein automatischer Standortwechsel. Das ist wichtig, denn die meisten Pflanzenarten vertragen es nicht gut, wenn sie mehrere Perioden hintereinander auf demselben Standort stehen. Ballonrebe (Cardiospermum) zum Beispiel ist mit sich selbst nicht verträglich, da sie vermutlich einen Hemmstoff über die Wurzel ausscheidet. Andere Pflanzen wie Kamille (Chamomilla) oder Ringelblume (Calendula) sind unproblematisch und könnten über Jahre hinweg am gleichen Standort angebaut werden.

Kultivierung gelingt nicht immer

Nicht alle Arzneipflanzen lassen sich in Terra Medica® kultivieren. Das gilt vor allem für Arten, die sehr spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum (Boden, Standort, Klima) stellen.

Ein Beispiel sind hier Moorbeetpflanzen wie Kalmia (Lorbeerrose) oder Ledum (Sumpfporst), die auf ein sehr saures Milieu angewiesen sind. Selbst eine Imitation der Lebensräume führt nicht zwangsläufig zu einer erfolgreichen Kultur, da das Gedeihen einer Art oft von einer funktionierenden Lebensgemeinschaft abhängt. So wächst Euphrasia officinalis (Augentrost) als Halbschmarotzer nur als Teil einer Gesellschaft von Wiesenpflanzen. 

Auch die bekannte Arnika (Arnica montana) fühlt sich in der Rheinebene nicht zu Hause. Hier deutet das Epitheton "montana", abgeleitet von "mons", der Berg, auf den bevorzugten Standort in den Bergen hin.

Versuchsanbau ist große Herausforderung

Aus vielerlei Gründen kann es notwendig werden, Pflanzen zu kultivieren, die bisher noch nicht angebaut wurden. Artenschutzbestimmungen werden strikt beachtet. Ungünstige Witterungsverhältnisse, wie z.B. lange Trockenheit in den Sammelgebieten, können Lieferengpässe entstehen lassen. Eine langfristige und qualitativ hochwertige Rohstoffsicherheit kann deshalb oftmals nur der Anbau bieten.

Anbauversuche gehören deshalb zur Aufgabe der Experten in Staffort. Die Versuche zeigen, welche Kulturbedingungen die Pflanzen benötigen, wie sie sich vegetativ (Pflanzenteile bilden neue Pflanzen nach) oder generativ (geschlechtliche Vermehrung mit Samen) vermehren lassen und welcher Ernteertrag erzielt werden kann. Routinemäßig werden Kultivierungsmethoden immer nur bei wenigen Arten erforscht, da die Entwicklung sehr arbeitsaufwändig ist und sich über mehrere Jahre hinziehen kann. Ferner herrscht ausgezeichneter Kontakt zu Experten in aller Welt. 

Bisher wurden ca. 40 Pflanzenarten im Versuchsanbau bearbeitet, wie Pelargonien (Pelargonium reniforme und Pelargonium sidoides), Caulophyllum (Frauenwurzel), Podophyllum (Maiapfel), Paeonia (Pfingstrose) und Adonis (Adonis-Röschen). Bei Pseudognaphalium obtusifolium (Ruhrkraut) wurde 10 Jahre nach dem richtigen Ausgangsmaterial gesucht. 

Pflanzen werden kultiviert
Die Gewächshäuser in Terra Medica

Gewächs- und Schattenhäuser
Aufzucht von Jungpflanzen und Tradition der alten Schauhäuser